Mangelnde Marktbreite – zeigen sich Rezessionsängste?
In unserem Blog zum Ende des ersten Quartals 2023 wurde bereits ein aktuelles Phänomen im Aktienmarkt aufgegriffen: Die (positive) Entwicklung des US-Marktes in den ersten drei Monaten des Jahres wurde fast ausschliesslich durch die fünf nach Marktkapitalisierung grössten Einzelwerte getragen.
Während der US-Aktienmarkt im ersten Quartal über 7% zugelegt hatte, lag die Wertentwicklung der übrigen Titel exklusive der fünf grössten Werte gerade einmal noch bei +1.4%. Diese Entwicklung hat sich nicht zuletzt durch den massiven Bewertungsanstieg der Anteile von NVIDIA im Mai noch beschleunigt: Während der Gesamtmarkt erneut höher notiert (+8.9%), wäre dar Markt ohne den Beitrag der fünf besagten Positionen sogar um -1.3% gefallen. Die Marktbreite hat also weiter abgenommen; die Gesamtmarktentwicklung ist ausschliesslich von ganz wenigen, grossen Titeln mit extremer Preisdynamik getragen.
Auch im historischen Kontext ist die Konzentration auf wenige Titel bemerkenswert. Vergleicht man die marktkapitalisierte Wertentwicklung mit einer gleichgewichteten, bei der jedes Einzelunternehmen unabhängig seiner Kapitalisierung den gleichen Beitrag hat, resultiert eine Differenz von -10% über den Zeitraum der letzten drei Monate. Noch nie in den vergangenen 35 Jahren kam es zu einer derart ausgeprägten Konzentration auf eine geringe Anzahl von Titeln. Selbst zur Zeit der Dotcom-Krise Anfang der 2000er Jahre war die Anzahl an sich im Wert steigernder Unternehmen im Markt grösser gewesen als aktuell.
Kann dieses Misstrauen in die Mehrheit der kotierten Unternehmen als Zeichen für eine baldige Rezession verstanden werden? Historisch ist dieser Zusammenhang nicht so einfach zu bilden. Zwar gab es in den vergangenen Jahrzehnten Perioden, in denen beide Ereignisse in einer Abfolge zueinander auftauchten. Weder war eine fehlende Martkbreite aber ein eindeutiger Indikator für eine kommende Rezession, noch führten Rezessionsängste zu einer Fokussierung der Anleger auf wenige, vermeintlich krisenresistente Unternehmen.
Sicher aber kann festgehalten werden, dass eine solche Entwicklung sich immer auch wieder normalisiert und dass dieser Prozess gemeinhin mit höherer Volatilität einhergeht. Ob Rezession oder nicht – in jedem Fall dürften die kommenden Monate unruhiger werden als die erste Hälfte des Jahres.